Literatur
Impressionismus
In der Epoche Impressionismus fokussieren sich Künstler nicht auf eine konkrete Weltanschauung sondern behandeln eine Vielfalt von literarischen Stilen. Diese werden vom Realismus, dem Naturalismus, der „Arbeiterdichtung“ und Arthur Schnitzler beeinflusst. Standörtlich sind Wien, Berlin und München die großen Zentren. Der Impressionismus distanziert sich nicht nur von der Politik und der Gesellschaft sondern weigert sich auch, die Realität realistisch oder kritisch-naturalistisch abzubilden. Im Kontext des Impressionismus bedeutet dies, dass die Künstler sich bewusst dafür entschieden, die Realität nicht auf die traditionelle Weise darzustellen, wie es in der vorherigen Kunst üblich war. Statt scharfer Konturen, detaillierter Realismus und akribischer Genauigkeit bevorzugten die Impressionisten eine lockere Pinseltechnik, helle Farben und die Wiedergabe von flüchtigen Eindrücken.
Eckdaten
- Ende des 19. Jahrhunderts, Beginn des 20. Jahrhunderts
- Vielfalt von Weltanschauungen und literarischen Stilen
- Zentren: Berlin, Wien, München
Impressionismus und Co.
Ursprünglich beschrieb der Begriff Impressionismus eine Malerei. Im Kontext der Epoche beschreibt Impressionismus Werke, welche subjektive Eindrücke, Gefühle, Stimmungen, Licht, Schatten, usw. wiedergeben jedoch keine konkrete Handlung haben.
Der Begriff Symbolismus beschreibt hingegen eine Dichtung, welche keinen „Zweck“ jedoch eine magische Sprache hat. Symbolismus ist die Kunst des „Andeutens“.
Weitere Begriffe im Zusammenhang mit Impressionismus sind Fin de Siècle und die Wiener Moderne, wobei ersteres wortwörtlich aus dem Französischem übersetzt „Jahrhundertende“ heißt und aussagt, dass Kunst für sich selbst stehen soll. In der Wiener Moderne steht - wie der Name bereits sagt - Wien im Mittelpunkt der Literatur, Architektur, Malerei, usw.
Künstler
Friedrich Nietzsche (1844-1900)
Der Philosoph Friedrich Nietzsche glaubt an einen „Durchschnittsmensch“, welcher bloß dahinvegetierte. Um ein „Übermenschen“ zu werden, brauche man die Kunst. Diese Kunst soll frei von moralischen und politischen Vorgaben sein.
Die Kunst und nichts als die Kunst!
Sie ist die größte Ermöglicherin des Lebens, die große Verführerin zum Leben, das große Stimulans des Lebens!
In Also sprach Zarathustra wird diese Kritik speziell behandelt.
Charles Baudelaire (1821-1867)
Laut dem Philosophen Charles Baudelaire sei die Kultur der „Sieg“ über die Natur. Außerdem schafft die Sprache eine eigene Wirklichkeit. Charles schuf die von allen Zwecken befreite Poesie (reine Poesie). Seine Inspirationen bekam Charles im Alkohol- und Drogenrausch.
Ernst Mach (1838-1916)
Ernst Mach meinte, die Realität und die Persönlichkeit sei ein Wechsel aus „Farben, Tönen, Wärmen, Drücken und Räumen“. Er war einer der zentralen Philosophen des Impressionismus.
Sigmund Freud (1856-1939)
Sigmund Freud war ein Psychoanalyst, welcher die dreischichtige menschliche Persönlichkeit deklarierte. Diese teilt die Denk- und Handelsweise jedes Menschen in drei Teilbereiche auf: ICH, ÜBER-ICH, ES. Während letzteres vollkommen unbewusst passiert und die eigene Verwirklichung, Sexualität und Aggression leitet, ist das ÜBER-ICH der Gegenspieler zu diesem ES. ÜBER-ICH hat moralisches Gewissen, Instanzen, Werte und Normen. Das ICH findet den Mittelweg zwischen dem ÜBER-ICH und ES und liegt großteils im bewussten Denkwesen. Freud sah zum Beispiel Kultur als ICH. Auseinandersetzungen mit diesen drei Schichten bestimmen uns.
Freud fand heraus, dass ca. 80-90 Prozent unserer Entscheidungen unbewusst getroffen werden. Außerdem war Freud ein guter Freund mit Schnitzler.
Arthur Schnitzler (1862-1931)
Arthur Schnitzler war der erster Author, welcher in seinem Werk Leutnant Gustl (1900) einen inneren Monolog verwendete.
Hugo von Hofmannsthal (1874-1929)
Die Gedichte Hugo von Hofmannsthals zählen zu den berühmtesten der Wiener Moderne, aber auch zu den oft am schwierigsten deutbaren. Eines der schwierigsten ist Terzinen über Vergänglichkeit (1894), neben vielen anderen, wie zum Beispiel der Chandos-Brief (1902), Jedermann (1922) und der Rosenkavalier (1911).
Rainer Maria Rilke (1875-1926)
Der erste große Erfolg Rilkes ist die lyrische Erzählung „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“ (1899). Außerdem schrieb Rilke viele „Neue Gedichte“, welche sich nicht auf Gefühle oder Empfindungen fokussieren, sondern auf genaue Beobachtungen von Menschen, Tieren, Gegenständen des Alltags in und um Paris. Deshalb nennt man sie auch „Dinggedichte“. Darunter zählen zum Beispiel Gedichte wie Der Panther (1903) und Der Erblindende (1906). Mit Sensibilität filtert Rilke das für diese „Dinge“ Wesentliche heraus, um ihr „wahres Wesen“ zu ergründen.
Karl Kraus (1874-1936)
Karl Kraus war ein österreichischer Schriftsteller, Kritiker und Satiriker, der von 1874 bis 1936 lebte. Er war ein scharfzüngiger Kritiker der Wiener Moderne, der Presse und der Gesellschaft. Seine Texte waren geprägt von seiner Ablehnung des Phrasendreschertums und der Manipulation durch die Sprache. Kraus gilt als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts.
Werke
Also sprach Zarathustra (1883)
Friedrich Nietzsche legt mit diesem und ein paar anderen Werken die philosophische Grundlage für die Kritik an der Zeit im Expressionismus. In diesem Werk stellt Nietzsche dem nur auf seinen kleinlichen Profit achtenden „letzten Menschen“, der eigentlich das Leben verneint und zerstört, den „Übermenschen“ gegenüber. Er verachtet die herrschende Moral, das Denken, die Gesellschaft und wächst über seine persönliche Kleinlichkeit hinaus.
„Ich lehre euch den Übermenschen.“
Die Fackel (1899-1936)
Die Fackel ist eine Zeitschrift, die von Karl Kraus von 1899 bis 1936 in Wien herausgegeben wurde. Die Zeitschrift hatte einen scharfen, polemischen Ton und thematisierte eine Vielzahl von sozialen, kulturellen und politischen Fragen. Die Fackel wurde zu einem zentralen Organ der Kritik an der österreichischen Gesellschaft und insbesondere an der Presse. Kraus’ Stil war geprägt von pointierten Analysen, paradoxen Formulierungen und einem tiefen Misstrauen gegenüber den Mächten seiner Zeit.
Inhaltlich setzte sich die Fackel mit verschiedenen Themen auseinander, darunter politische Korruption, soziale Ungerechtigkeit, aber auch kulturelle Entwicklungen und literarische Werke. Kraus nahm kein Blatt vor den Mund und griff sowohl Einzelpersonen als auch Institutionen scharf an, wenn er Missstände und Heuchelei identifizierte.
Die Fackel kann als eine kritische Stimme in einer Zeit des Umbruchs und der politischen Veränderungen betrachtet werden. Kraus’ Schreibstil und seine Analyse der Gesellschaft haben einen nachhaltigen Einfluss auf die deutschsprachige Literatur und Kulturgeschichte ausgeübt.
Terzinen über Vergänglichkeit (1894)
Insgesamt besteht dieses Werk aus drei Teilen. Der erste dieser drei ist ein 5-hebiger Jambus mit Kreuzreim-Schema (ABA CBC
). Hofmannsthal beschreibt in dieser Reihenfolge in den fünf Strophen (letztere eine Weise) die Erinnerung, den Schock, die Einsicht und die Fremdheit.
Noch spür ich ihren Atem auf den Wangen:
Wie kann das sein, daß diese nahen Tage
Fort sind, für immer fort, und ganz vergangen?Dies ist ein Ding, das keiner voll aussinnt,
Und viel zu grauenvoll, als daß man klage:
Daß alles gleitet und vorüberrinnt.Und daß mein eignes Ich, durch nichts gehemmt,
Herüberglitt aus einem kleinen Kind
Mir wie ein Hund unheimlich stumm und fremd.Dann: daß ich auch vor hundert Jahren war
Und meine Ahnen, die im Totenhemd,
Mit mir verwandt sind wie mein eignes Haar,So eins mit mir als wie mein eignes Haar.
Leutnant Gustl (1900)
Ende 1900 erschien Leutnant Gustl in der Wiener „Neuen Freien Presse“. Dieses Werk wurde von Arthur Schnitzler in nur fünf Tagen geschrieben. Daraufhin wurde ein Ehrengerichtsverfahren gegen Schnitzler eingeleitet, da in dem Werk ein Offizierscharakter für verlustig erklärt wird. Das Werk ist das erste Exemplar eines inneren Monologs. Diese Form wurde aufgrund der Neuheit als Provokation und Schande der Armee gesehen.
Handlung
Der Leutnant langweilt sich während des Konzertes, zu welchem er die Karten geschenkt bekommen hat. Beim Verlassen gibt es ein Gedränge an der Garderobe, weshalb Gustl in Streit mit einem Bäckermeister kommt. Dieser packt Gustls Säbel, eine Schande für jeden Offizier. Doch niemand bekommt dies mit. Nichtsdestotrotz hat Gustl Angst, dass der Bäckermeister es weitererzählt, und denkt sich Auswege (z.B. nach Amerika ziehen) und Reaktionen seiner Angehörigen aus, will sich fast schon selbst erschießen, bis er schließlich auf einer Parkbank einschläft. Am nächsten Morgen im Kaffeehaus erfährt er, dass der Bäckermeister mitternachts gestorben ist.
Chandos-Brief (1902)
Hofmannsthal ist sensible gegenüber der Sprache und kann ihr Scheitern in der Kommunikation leichter spüren als andere. Um diesen Missbrauch der Sprache auszudrücken, veröffentlicht er 1902 eine kleine Schrift, den Chandos-Brief.
Handlung
Lord Chandos - fiktiver englischer Autor - versucht sein literarisches Verstummen zu erklären.
„[…] [abstrakte Worte] zerfielen mir im Munde wie modrige Pilze.“
Der Panther (1903)
Der Panther beschäftigt sich mit einem eingesperrten Panther, welcher gerne frei sein würde. Das Paradoxon des Textes ist die natürliche Stärke des Panthers, doch die auch seine Schwäche aufgrund der tausenden, ihn umgebenden Gitterstäbe. Im allerletzten Vers betont Rilke noch einmal den verengten Lebensraum des Panthers mit einer Verkürzung des Versfußes.
Handlung
Der Panther liegt in seinem Käfig und existiert langsam so dahin. Er ist müde und schließt seine Augenlider - Metapher: Vorhang der Pupille.
DER PANTHER
IM JARDIN DES PLANTES, PARIS
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf –. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille –
und hört im Herzen auf zu sein.
Die Erblindende (1906)
Der Hauptfokus im Dinggedicht liegt auf den Augen der Blinden. Die Augen sind das Ding. Und aus diesem Grund verhält sich die Blinde anders als andere Menschen - fasst Tee anders an, geht langsam, usw.
Sie saß so wie die anderen beim Tee.
Mir war zuerst, als ob sie ihre Tasse
ein wenig anders als die andern fasse.
Sie lächelte einmal. Es tat fast weh.Und als man schließlich sich erhob und sprach
und langsam und wie es der Zufall brachte
durch viele Zimmer ging (man sprach und lachte),
da sah ich sie. Sie ging den andern nach,verhalten, so wie eine, welche gleich
wird singen müssen und vor vielen Leuten;
auf ihren hellen Augen die sich freuten
war Licht von außen wie auf einem Teich.Sie folgte langsam und sie brauchte lang
als wäre etwas noch nicht überstiegen;
und doch: als ob, nach einem Übergang,
sie nicht mehr gehen würde, sondern fliegen.
Gattungen
Wien
Während des Impressionismus ist Wien stark gewachsen. Von 400.000 Einwohnern waren es auf einmal zwei Millionen Einwohner, viele davon jüdische Bürger. Zeitgleich war der Beginn des Antisemitismus. Hermann Bahr bezeichnete den Antisemitismus als „Morphium der kleinen Leute“, da dieser den Demagogen als Mittel, nationale und soziale Spannungen auf jüdische Menschen als Sündenbock zu kanalisieren, diente.
Literatur
Schriftsteller und Autoren im Impressionismus stammen aus kultivierte, wohlhabenden bürgerlichen Verhältnissen (gesicherte Existenz), unabhängig vom Verkauf. Denn erst mit diesem Wohlstand kann man Sinn fürs Schöne trainieren. Es gab in der Literatur allerdings eine Naivität in sozialen und politischen Fragen.
Der innere Monolog
Arthur Schnitzler erfindet den inneren Monolog, bei welchem Gedanken, Assoziationen und Eindrücke wiedergegeben werden. Es gibt keinen Erzähler. Paradebeispiel für diese Technik ist die Novelle Leutnant Gustl von Arthur Schnitzler. In solchen inneren Monologen wird das Innenleben eines Menschen auch of sexuell oder erotisch dargestellt, wie zum Beispiel in „Reigen“. Die Lyrik eignet sich perfekt für die Schaffung eines inneren Monologs, doch der Sinn dieser Texte bleibt oft unklar. Es obliegt dem Leser, dem Gedicht eine Bedeutung zu geben.
Kaffeehaus
Das Kaffeehaus wurde zur Tradition als literarischer Treffpunkt. Bis heute bleibt diese Tradition erhalten, nur nicht unbedingt mit dem literarischen Faktor. Peter Altenberg schreibt ein Gedicht, das [Kaffeehaus], welches diese literarische Kurzform sehr exquisite symbolisiert.
Café Griensteidl, Café Central
Expressionismus
In der Epoche Expressionismus äußern die Künstler starke Kritik an einigen Themen, wie zum Beispiel Großstadt, Massengesellschaft, Industrialisierung, Militarisierung, Manipulation und dem Ersten Weltkrieg. Diese Epoche ist eine Opposition vom Realismus und Naturalismus, welche nur die Realität abgebildet haben. Außerdem wendet man sich von Fin de Siècle (Flucht in Ästhetik) und Goethe ab.
[…] Weg überhaupt mit den sogenannten Dichtern! Schluss! Unsere Kultur ist Gerümpel. […] Der junge Dichter muss demolieren. […]
Vorbilder des Expressionismus sind Sturm und Drang, Barock, die Kunst der Kinder und Naturvölker sowie literarische Außenseiter (Hölderlin, Kleist, Büchner und E.T.A. Hoffmann). Viele Autoren und Künstler allgemein bezeichnen sich als Aktivisten, Sturmkünstler und Abstrakte.
Eckdaten
- Beginn 20. Jahrhundert
- Sprachzertrümmerung
- nicht interpretierbare Gedichte
Expressionismus und Co.
Der Begriff Expressionismus kommt ursprünglich aus der bildenden Kunst, wie sie Egon Schiele oder Oskar Kokoschka ausführen. Die Bilder sollen ausdrücken, wie der Künstler die Welt erlebt.
Der Begriff Dadaismus ist in der Epoche des Expressionismus entstanden und beschreibt eine Zerstörung der Sprache. Er umfasst Gedichte, welche nicht interpretierbar sind und keinen Sinn haben.
Künstler
Als Grundlage dieser Epoche dienen Friedrich Nietzsches Also sprach Zarathustra und Sören Kierkegaards „Freiheit ist zentral“, welcher die Freiheit in den Mittelpunkt des Denken stellt. Im Gegensatz zum Tier kann der Mensch sich für eine bestimmte Lebensweise entscheiden. Er kann in einem oberflächlichen Genussleben verharren, der von Kierkegaard so genannten „ästhetischen“ Existenz. Er kann aber auch in einer „ethischen“ Existenz solidarisch am Aufbau einer humanen Gesellschaft mitarbeiten.
Auch die Expressionisten stellen dem oberflächlichen alten einen kommenden neuen Menschen gegenüber, der sich vom alten grundlegend unterscheidet und gegenüber den Mitmenschen solidarisch ist. Der „alte“ Mensch ist dabei herzensträge, hart, böse, den Mitmenschen fremd und getrennt durch Grenzpfähle. Außerdem werden die Begriffe Gesellschaft und Gemeinschaft gegenübergestellt, wobei ersteres ein Konstrukt mit Regeln definiert, in welchem man seine Mitmenschen nicht kennt, und zweiteres eine harmonischere, kleinere Gruppe von sich einander bewusst kennenden Menschen beschreibt.
Hermann Bahr (1863-1934)
Hermann Bahr war ein Kritiker mit dem Wunsch der Zerstörung. Er sah den Expressionismus als Epoche der Zerstörung und dachte, Kunst soll dabei helfen.
August Stramm (1874-1915)
August Stramm war ein deutscher expressionistischer Dichter und Dramatiker. Er starb im Ersten Weltkrieg. Bekannt für innovative Sprache und experimentellen Stil, hinterließ er Gedichtsammlungen wie „Tropfblut“ und „Menschheitsdämmerung“. Stramms radikale Herangehensweise an Literatur beeinflusste den Expressionismus maßgeblich. Einige seiner bekannten Werke sind „Zwist“ (1914) und „Patrouille“ (1915).
Franz Kafka (1883-1924)
Franz Kafka war ein einflussreicher deutschsprachiger Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Bekannt für seine einzigartige literarische Welt, schuf er Werke wie „Die Verwandlung“ (1915), in dem der Protagonist zu einem Käfer wird, und „Der Prozess“ (1914), der die Absurditäten eines undurchsichtigen Gerichtssystems thematisiert. In seinem „Brief an den Vater“ (1919) reflektiert Kafka über seine Beziehung zu seinem autoritären Vater.
Obwohl er zur Zeit des Expressionismus lebte, entzogen sich Kafkas Werke einer einfachen Einordnung in diese Epoche. Seine Werke zeichnen sich durch existenzielle Themen, Isolation und dem Ausbruch aus der Realität aus. In fast jedem seiner Werke geschieht ein Zwischenfall, welcher den Lebensalltag unterbricht.
Kafka verstarb 1924 und hinterließ ein literarisches Erbe von großer Tiefe und Komplexität, das weiterhin Leser weltweit fasziniert. Aufgrund seines einzigartigen Schreibstiles und Inhalts hat Kafka ein eigenes Adjektiv verdient: „kafkaesk“ (in der Art der Schilderungen Kafkas, auf rätselhafte Weise unheimlich, bedrohlich).
Kafkas Leben
Kafka baut in vielen Werken seinen eigenen Namen mit Ähnlichkeiten zum Hauptcharakter ein. Beispielsweise hat Samsa
die gleiche Vokalfolge und Buchstabenanzahl wie Kafka
. Außerdem gibt es Übereinstimmungen zwischen Gregors Wohnung in der „Verwandlung“ mit Kafkas eigener Wohnung. Dies lässt darauf schließen, dass die Erkenntnis der Chancenlosigkeit Kafkas Personen, welche die eigenen Kräfte übersteigt, persönliche Hintergründe haben. Einige Traumen Kafkas können in dem Brief an den Vater herausgelesen werden.
Gottfried Benn (1886-1956)
Gottfried Benn übte starke Kritik am Fortschritt der Militarisierung aus. Er meinte, er sehe keinen Fortschritt, wenn aus der mörderischen Gewehrkugel eine noch mörderische Granate wird. Zu seinen bekanntesten Werken zählt Kleine Aster und Schöne Jugend.
Georg Heym (1887-1912)
Georg Heym war ein deutscher Dichter und Schriftsteller des Expressionismus. Geboren in Hirschberg, studierte er Jura, Kunstgeschichte und Philosophie in Berlin. Dort schloss er sich der expressionistischen Künstler- und Schriftstellerbewegung an.
Heyms literarisches Schaffen zeichnet sich durch eine düstere, oft apokalyptische Atmosphäre aus. Bekannte Werke sind die Gedichtsammlungen „Der ewige Tag“ (1911) und „Der Gott der Stadt“ (1910), letzteres wollte er lange nicht veröffentlichen, obwohl wenig Kritik geäußert wurde. Sein Schreibstil reflektiert die Unruhe und Unzufriedenheit der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg.
Der Dichter fand tragischerweise früh seinen Tod im Alter von nur 24 Jahren durch Ertrinken in der Havel. Trotz seiner kurzen Lebensspanne hinterließ Georg Heym einen bleibenden Einfluss auf die deutsche expressionistische Literatur.
Jakob van Hoddis (1887-1942)
Jakob van Hoddis war ein deutscher Dichter des Expressionismus. Geboren als Hans Davidsohn in Berlin, änderte er seinen Namen später in Jakob van Hoddis. Sein Leben war geprägt von psychischer Instabilität, und er verbrachte einige Zeit in psychiatrischen Einrichtungen.
Van Hoddis war ein Mitglied der expressionistischen Bewegung und ein Teil der Dichtergruppe „Der Neue Club“. Sein bekanntestes Werk ist das Gedicht „Weltende“ (1911), das als eines der bedeutendsten expressionistischen Gedichte gilt. Dieses Werk spiegelt die Unruhe und Verunsicherung der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg wider.
Jakob van Hoddis’ literarische Karriere war kurz, und er geriet nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs in Vergessenheit. Er wurde Opfer des nationalsozialistischen Regimes und starb 1942 in einer Anstalt in Brandenburg an der Havel.
Trotz seiner kurzen Schaffenszeit hatte van Hoddis einen nachhaltigen Einfluss auf die expressionistische Dichtung und wird als wichtiger Vertreter dieser literarischen Strömung betrachtet.
Alfred Lichtenstein (1889-1914)
Alfred Lichtenstein war ein deutscher expressionistischer Dichter. Geboren in Berlin, wurde er bekannt für seine sarkastischen und sozialkritischen Gedichte. Lichtenstein war Teil der literarischen Bewegung des Expressionismus und gehörte zur Dichtergruppe „Der Neue Club“. Sein Werk spiegelt die Unruhe und Spannungen der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg wider. Er fiel im Krieg 1914 im Alter von 25 Jahren. Lichtensteins Gedichte, darunter „Abschied“ (1914) und „Die Dämmerung“, zeigen einen einzigartigen Stil, der von einer düsteren Weltsicht und einer ausgeprägten Sprachkunst geprägt ist.
Werke
Der Gott der Stadt (1910)
Georg Heym beschreibt Gott (Baal) in diesem Gedicht mit dunklen Farben, wie zum Beispiel „schwarzen Winden“, „roter Bauch“, „schwarzen Türmen“ und „dunkler Abend“. Gott ist zornig, sauer, düster, rot. Außerdem wird die Stadt mit eher schlechteren Aspekten beschrieben: Fabriken, Abgase, Brand, laut, Industrialisierung, Massengesellschaft, Feuer, Glutqualm.
Auf einem Häuserblocke sitzt er breit.
Die Winde lagern schwarz um seine Stirn.
Er schaut voll Wut, wo fern in Einsamkeit
Die letzten Häuser in das Land verirrn.Vom Abend glänzt der rote Bauch dem Baal,
die großen Städte knien um ihn her.
Der Kirchenglocken ungeheure Zahl
Wogt auf zu ihm aus schwarzer Türme Meer.Wie Korybanten-Tanz dröhnt die Musik
Der Millionen durch die Straßen laut.
Der Schlote Rauch, die Wolken der Fabrik
Ziehn auf zu ihm, wie Duft von Weihrauch blaut.Das Wetter schwelt in seinen Augenbrauen.
Der dunkle Abend wird in Nacht betäubt.
Die Stürme flattern, die wie Geier schauen
Von seinem Haupthaar, das im Zorne sträubt.Er streckt ins Dunkel seine Fleischerfaust.
Er schüttelt sie. Ein Meer von Feuer jagt
Durch eine Straße. Und der Glutqualm braust
Und frißt sie auf, bis spät der Morgen tagt.
Weltende (1911)
In dem Gedicht Weltende, beschreibt der Sturm eine Zerstörung, da die Wellen zu Tsunamis werden, Häuser einstürzen und die Welt zusammenbricht. Der vorletzte Vers sticht besonders hervor, da es ein vergleichsweise kleines Problem im Gegensatz zum Weltuntergang ist. Jakob van Hoddis will damit aussagen, dass dem Menschen alles egal ist, was er nur in der Zeitung liest.
Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
In allen Lüften hallt es wie Geschrei,
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei
Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.
Schöne Jugend (1912)
Der Titel mag irreführend sein, da es sich in diesem Gedicht nicht um Menschen, sondern Ratten handelt.
Der Mund eines Mädchens, das lange im Schilf gelegen hatte,
sah so angeknabbert aus.
Als man die Brust aufbrach, war die Speiseröhre so löcherig.
Schließlich in einer Laube unter dem Zwerchfell
fand man ein Nest von jungen Ratten.
Ein kleines Schwesterchen lag tot.
Die andern lebten von Leber und Niere,
tranken das kalte Blut und hatten
hier eine schöne Jugend verlebt.
Und schön und schnell kam auch ihr Tod:
Man warf sie allesamt ins Wasser.
Ach, wie die kleinen Schnauzen quietschten!
Kleine Aster (1912)
In diesem Gedicht symbolisiert die Aster eine Blume und keinen Vogel, sodass genau wie bei Schöne Jugend eine Lesertäuschung vorliegt.
Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt.
Irgendeiner hatte ihm eine dunkelhelllila Aster zwischen die Zähne geklemmt.
Als ich von der Brust aus
unter der Haut
mit einem langen Messer
Zunge und Gaumen herausschnitt,
Muss ich sie angestoßen haben, denn sie glitt in das nebenliegende Gehirn.
Ich packte sie ihm in die Brusthöhle zwischen die Holzwolle,
als man zunähte.
Trinke dich satt in deiner Vase!
Ruhe sanft,
Kleine Aster!
Der Prozess (1914)
Eine Geschichte, in welcher Josef K. verhaftet wird, obwohl er nichts falsches getan hat. Während der gesamten Handlung wird eine Schuld von Josef K. nicht erkennbar. Aus diesem Grund endet „Der Prozess“ auch nicht mit einer Verhandlung. So wie am Beginn des Romans zwei Männer in K.s Zimmer auftauchen und ihn aus seinem gewohnten Leben werfen, so tauchen im Schlusskapitel zwei Männer auf, um den „Prozess“ zu beenden. Josef K. weiß, dass es seine Pflicht wäre, sich mit dem Messer selbst umzubringen, jedoch tut er dies nicht. Stattdessen bringen die beiden Männer ihm zu einem an den Steinbruch angrenzenden Haus, wo sie ihn erstechen.
Zwist (1914)
In dem Gedicht kann man nicht alles deuten, jedoch kann man einige Stilfiguren herauslesen, z. B. Antithesen (Quälen küsst, Kosen schelten, …). Eine weitere (eventuell erwähnenswerte) Eigenschaft ist die exzessive Verwendung von Verben.
Gallen foltern bäumen lösen
Knirschen zürnen meiden Hass
Verben
Zittern stampfen schäumen grämen
Suchen beben forschen bang
Wenden zagen schauen langen
Stehen rühren seufzen gehn
Streicheln klagen
Kosen schelten
Schämen schmäht Und
Fliehen wirbt
Schmiegen wehret
Armen sträubet
Quälen küsst
Abschied (1914)
Alfred Lichtenstein schrieb kurz vor seinem Tod im Ersten Weltkrieg noch dieses sprachlich exzellente Gedicht.
Vorm Sterben mache ich noch mein Gedicht.
Still, Kameraden, stört mich nicht.Wir ziehn zum Krieg. Der Tod ist unser Kitt.
Oh; heulte mir doch die Geliebte nit. -Was liegt an mir. Ich gehe gerne ein.
Die Mutter weint. Man muß aus Eisen sein.Die Sonne fällt zum Horizont hinab.
Bald wirft man mich ins milde Massengrab.Am Himmel brennt das brave Abendrot.
Vielleicht bin ich in dreizehn Tagen tot.
Die Verwandlung (1915)
Kafkas Erzählungen und Romane setzen oft mit Situationen ein, die für die Betroffenen unerklärlich und bedrohlich sind. Ein durchaus realistischer Sachverhalt sprengt plötzlich die Grenzen der Realität. Es gibt viele Parodien von der Verwandlung, zum Beispiel Jan Böhmermanns Satire. „Die Verwandlung“ beginnt mit folgenden Sätzen:
Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt. Er lag auf seinem panzerartig harten Rücken und sah, wenn er den Kopf ein wenig hob, seinen gewölbten, braunen, von bogenförmigen Versteifungen geteilten Bauch, auf dessen Höhe sich die Bettdecke, zum gänzlichen Niedergleiten bereit, kaum noch erhalten konnte. Seine vielen, im Vergleich zu seinem sonstigen Umfang kläglich dünnen Beine flimmerten ihm hilflos vor den Augen. »Was ist mit mir geschehen?« dachte er. Es war kein Traum.
Der Stück ist in drei Teile geteilt, wobei der erste die ersten Stunden nach der Verwandlung behandelt. Der zweite Teil beschreibt den Abend des Tages der Verwandlung. Der letzte Teil erzählt von langfristigen Folgen, welche erst Monate nach der Verwandlung passierten.
Teil 1
Gregor Samsa wacht morgens auf und merk, dass er ein Käfer in der Größe eines Menschen ist. Er denkt über seinen Beruf als reisender Vertreter für Tuchwaren nach. Dieser ist ihm verhasst, jedoch notwendig, um die Familie zu versorgen. Mutter, Vater und Schwester Grete klopfen an der Tür, weil sie sich besorgt erkundigen wollen. Es dauert so lange, bis Gregor aus dem Bett kommt, dass in der Zwischenzeit bereits ein Prokurist von Gregors Arbeitgeber aufgetaucht ist, um nach ihm zu fragen. Außerdem werden seine beruflichen Leistungen bemängelt. Gregor will daraufhin versichern, dass er den nächsten Zug nehmen wird, jedoch hören die Anwesenden nur tierische Laute. Es wird ein Arzt und ein Schlosser gerufen, um die Tür zu öffnen. Doch Gregor öffnet mit seinem Kiefer die Tür, damit seine Familie ihm helfen kann. Auf seinen Anblick reagieren Vater, Mutter und Prokurist entsetzt. Gregor wird mittels Stock zurückgedrängt und am linken Bein verletzt.
Teil 2
Abends erwacht Gregor aufgrund des Geruches von leckerem Essen. Seine Schwester hat ihm sein Lieblingsgetränk an die Tür gestellt, doch er empfindet Widerwillen gegen die Milch. Er kraxelt unter das Kanapee und fühlt sich endlich behaglich. Am frühen Morgen bekommt er von Grete eine große Auswahl an Speisen, wovon er nur die halb verfaulten mit Genuss verzehrt.
In den kommenden Tagen macht sich die Familien Gedanken ums Geld. Es wird entschieden, dass Grete den Käfer versorgen soll, weshalb ihr auffällt, dass Gregor gerne an Wänden empor kriecht. Daraufhin werden alle Möbel außer ein Bild mit einer Dame entfernt. Die Mutter fällt in Ohnmacht und Gregor möchte ihr helfen. Die Schwester meint, der Käfer sei ausgebrochen, und der Vater bewirft ihn mit Äpfeln.
Teil 3
Einer der Äpfel bleibt monatelang in seinem Körper stecken, sodass sich die Stelle entzündet. Gregor wird immer mehr vernachlässigt und das Zimmer wird zur Abstellkammer. Die Familie vermietet als weitere Einnahmequelle die Wohnung an drei Herren, weshalb Gregors Tür beim Abendessen geschlossen bleibt. Als die Schwester jedoch Violine spielt, öffnet Gregor die Tür und die Herren drohen mit der Kündigung. Grete meint, es (Gregor) muss los gelassen werden. In dieser Nacht stirbt Gregor aufgrund der Anstrengung des Kriechens mit dem Apfel im Körper. Die neue Bedienerin - die Einzige, welche Gregor nicht verabscheut - informiert die Familie und entsorgt ihn.
Die Familie freut sich, sie kündigen die drei Herren und die Bedienerin und hoffen, dass Grete bald einen Mann bekommt.
Patrouille (1915)
In diesem Gedicht verarbeitet August Stramm seine Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg.
Die Steine feinden
Fenster grinst Verrat
Äste würgen
Berge Sträucher blättern raschlig
Gellen1
Tod.
Brief an den Vater (1919)
In der Nacht von 22. zum 23. September 1912 schreibt Kafka die Erzählung „Das Urteil“. Die zwei agierenden Personen sind Vater und Sohn. Am Ende eines langen Gesprächs sagt der Vater zum Sohn: „Ich verurteile dich jetzt zum Tode des Ertrinkens!“ Widerstandslos nimmt der Sohn das Urteil an und lässt sich von der Brücke in den Fluss fallen. Als 36-Jähriger schreibt Kafka 1919 den „Brief an den Vater“. Er umfasst mehr als 100 Seiten und war tatsächlich dazu bestimmt, dem Vater übergeben zu werden. Kafka bat vermutlich seine Mutter um die Übergabe, diese fand jedoch nie statt.
Deine äußerst wirkungsvollen, wenigstens mir gegenüber niemals versagenden rednerischen Mittel bei der Erziehung waren: Schimpfen, Drohen, Ironie, böses Lachen und merkwürdigerweise - Selbstbeklagung. Das Schimpfen verstärktest Du mit Drohen […]. Schrecklich war mir zum Beispiel dieses: ich zerreiße Dich wie einen Fisch, trotzdem ich ja wusste, dass dem nichts Schlimmeres nachfolgte (als kleines Kind wusste ich das allerdings nicht), aber es entsprach fast meinen Vorstellungen von Deiner Macht, dass Du auch das imstande gewesen wärest. Schrecklich war es auch, wenn Du schreiend um den Tisch herumliefst, um einen zu fassen, offenbar gar nicht fassen wolltest, aber doch so tatest und die Mutter einen schließlich scheinbar rettete. Wieder hatte man einmal, so schien es dem Kind, das Leben durch Deine Gnade behalten und trug es als Dein unverdientes Geschenk weiter. […]
Deine Erziehungsmittel in den allerersten Jahren kann ich heute natürlich nicht unmittelbar beschreiben, aber ich kann sie mir etwa vorstellen durch Rückschluss aus den später erfahrenen […]. Direkt erinnere ich mich nur an einen Vorfall aus den ersten Jahren. Du erinnerst Dich vielleicht auch daran. Ich winselte einmal in der Nacht immerfort um Wasser, gewiss nicht aus Durst, sondern wahrscheinlich teils um zu ärgern, teils um mich zu unterhalten. Nachdem einige starke Drohungen nicht geholfen hatten, nahmst Du mich aus dem Bett, trust mich auf die Pawlatsche2 und ließest mich dort allein vor der geschlossenen Tür ein Weilchen im Hemd stehn. Ich will nicht sagen, dass das unrichtig war, vielleicht war damals die Nachtruhe auf andere Weise wirklich nicht zu verschaffen, ich will aber damit Deine Erziehungsmittel und ihre Wirkung auf mich charakterisieren. Ich war damals nachher wohl schon folgsam, aber ich hatte einen inneren Schaden davon. […] Noch nach Jahren litt ich unter der quälenden Vorstellung, dass der riesige Mann, mein Vater, die letzte Instanz, fast ohne Grund kommen und mich in der Nacht aus dem Bett auf die Pawlatsche tragen konnte und dass ich also ein solches Nichts für ihn war.
Gattungen
Lyrik
Die Gedichte in der Lyrik sollen nicht „rühren“ sondern „aufrühren“ und einen Glauben an den „neuen“ Menschen schaffen. Die Konfrontation mit dem Bedrohlichen, Abstoßenden und Grotesken bildet die zweite Facette der Lyrik, wie die Gedichte „Weltende“ (1911) von Jakob van Hoddis und „Schöne Jugend“ (1912) von Gottfried Benn.
Dabei ist die Form der Gedichte sehr unterschiedlich: Manche zeigen metaphernreiche und pathetische Sprache, während andere den Satzbau zertrümmern und die Logik negieren.
1919 erscheint die repräsentativste Sammlung expressionistischer Gedichte. Sie trägt den Titel „Menschheitsdämmerung“. Die vier Abschnitte zeigen die Thematik der expressionistischen Lyrik: „Sturz und Schrei“, „Erweckung des Herzens“, „Aufruf und Empörung“ und „Liebe den Menschen“.
Dramatik
In der Dramatik gibt es einen Kampf zwischen dem „alten“ und dem „neuen“ Menschen, beispielsweise den Generationenkonflikt, und den Kampf der Söhne gegen die Väter. Elternmord bzw Vatermord ist das Symbol für den Untergang der Autoritäten. Des Weiteren gibt es einen Konflikt der Geschlechter. Hierbei gilt das „Frühlings Erwachen“ von Frank Wedekind aufgrund der Kritik an Sexualmoral und Schule als Vorbild.
Epik
Im Expressionismus sind wenige Werke der Epik gewidmet. Die Sprachzertrümmerung, der Enthusiasmus und Pathos lassen sich in Lyrik und Dramatik viel besser anwenden. Ein Epiker aus dieser Zeit ist jedoch sehr berühmt: Franz Kafka. Jedoch kann er nicht eindeutig dem Expressionismus zugeordnet werden. Er berichtet von der Fremdheit des Menschen in einer Welt, die er nicht versteht. Einige seiner bedeutendsten Werke sind „Die Verwandlung“, „Der Prozess“ und „Eine alltägliche Verwirrung“. Außerdem schreibt er einen „Brief an den Vater“, welcher über 100 Seiten umfasst und den Charakter Franz Kafka
Zeitschriften
In dieser Epoche wurden viele literarische Zeitschriften verfasst, wie zum Beispiel „Aktion“ oder „Der Sturm“.
Dadaismus
Der Dadaismus entstand, als sich 1916 Hugo Ball, Huelsenbeck, Hans Arp und Trastan Zara in Zürich trafen und das Wort „Dada“ für die eigene Kunst im Wörterbuch entdeckten. Diese „Anti-Kunst“ richtete sich gegen alles Bisherige. Im „dadaistischen Manifest“ von 1918 wird festgeschrieben, dass die Sprache die „Explosion“ der Zeit ausdrücken soll.
Um diese Sprachzerstörung zu demonstrieren nutzen die vier Gründer verschiedene Methoden, wie zum Beispiel die „Unvernunft“ (keine Logik in Texten), Lautgedichte (keine Wörter sondern einzelne Laute), Buchstabengedichte (Konzentration auf ein Wort) und den Zufall. Ganz besonders hervorstechende Gedichte sind erstens das bruitistische Gedicht - auch lärmendes Gedicht -, welches um Töne und Schauspiel ergänzt wird und zweitens das simultanistisches Gedicht, wobei hier mehrere Gedichte gleichzeitig gelesen werden.
Die Wiener Gruppe
Ende der 50er-Jahre des 20. Jahrhunderts tritt in der österreichischen Literatur eine Gruppe von Dichtern und Dichterinnen auf, die zunächst auf massiven Widerstand der Öffentlichkeit stößt. Friedrich Achleitner, H. C. Artmann, Konrad Bayer, Gerhard Rühm, Oswald Wiener und die der Gruppe nahestehenden Ernst Jandl und Friederike Mayröcker provozieren. Wörter und Sätze werden zerlegt und vertauscht, die grammatischen, orthographischen und syntaktischen Normen der Sprache werden zerstört. Absolut „unpoetische“ Vokabel der Alltags- bis Fäkalsprache finden Eingang in die Dichtung, man schreibt radikal klein, um die Nomen nicht zu bevorzugen. Die Einbeziehung akustischer und grafischer Elemente der Sprache in die Dichtung verblüfft genauso wie die Entdeckung des Dialekts für die Lyrik, die sich unter anderem in dem später zum Lyrikbestseller gewordenen Werk H. C. Artmanns „med ana schwoazzn dintn“ zeigt.
Beispiele
wos na ge - Friedrich Achleitner
wos
na
gege
na
wosna
wos
gege
wos
nawos
ge
nana
ge
wos
auf dem land - Ernst Jandl
rininininininininDER
brüllüllüllüllüllüllüllüllENschweineineineineineineineinE
grununununununununZENhununununununununDE
bellellellellellellellellENkatatatatatatatatZEN
miauiauiauiauiauiauiauiauENkatatatatatatatatER
schnurrurrurrurrurrurrurrurrENgänänänänänänänänSE
schnattattattattattattattattERNziegiegiegiegiegiegiegiegEN
meckeckeckeckeckeckeckeckERNbienienienienienienienienEN
summummummummummummummummENgrillillillillillillillillEN
ziriririririririrPENfröschöschöschöschöschöschöschöschE
quakakakakakakakakENhummummummummummummummummELN
brummummummummummummummummENvögögögögögögögögEL
zwitschitschitschitschitschitschitschitschERN
med ana schwoazzn dintn - H. C. Artmann
„med ana schwoazzn dintn“ ist ein von H. C. Artmann bekanntes Gedichtband, welches zum Beispiel das Gedicht „frog me ned“ miteinschließt:
frog me ned
wos fia r a numera
da dod hodi was nua
das ar a grins
kapö aufhod
un zwar r aung
wia r a grodaung wia r a grod
a grins kapö
und a numarade numa r is owa
scho soo schwoazz
das e s ned lesn kau
waun e a woit!gib liawa
dei frogarei auf
sunzt dales e s aum end
no wiaklech…
Fisches Nachtgesang
Blumenwiese
Die „Blumenwiese“ ist ein simultanistisches Gedicht von Alexander Vock und Felix Schneider.
Sprecher 1 | Sprecher 2 |
---|---|
Blumen |
Wiese |